Ein Stück Weidenthaler Chronik

von Arthur Eisenbarth (2004)

Weidenthal hat seinen Namen von dem einst großen Bestand an struppig knorrigen Kopfweiden am damals wilden Hochspeyerbach. Seine Benamung hat etymologisch keinen Bezug zur “Viehweide”, der “steinerne Schafhirte” am alten Bahnhof keinen heimatkundlichen Bezug.

Die urkundlich belegte erstmalige Namensüberlieferung stammt nach heutigem Wissen – aus dem Jahre 1247, so die Fundstelle in einer sogenannten Limburger Urkunde , “geortet im Jahre 2001 ” im Landesarchiv Speyer (im Bestand F4 – Frankenstein).

Und ein Lehensbrief von 1251 bestätigt, so der Chronist Heinrich Stuckert, die Burgherrn von Franckenstein und “Schirmvögte” von Weidenthal, – von Frankenstein und Schlierenthal auch – ausgestattet mit Rechten und Pflichten. Oberster Lehens-, Grund- und Gerichtsherr ist der Abt des Klosters Limburg – im Weidenthaler Wappen von heute sein “Krummstab”.

Das Kloster Limburg ist oberster Lehns-, Grund- und Gerichtsherr. Daran erinnert der Abtsstab (“Krummstab”) im Ortswappen und Gemeindesiegel.

Der Lehensbrief von 1251 stammt aus einer Zeit, in der das nahezu europaweit mächtige Kaiserreich der Staufer zerbricht, unweit von hier sein trotziger Trifels. auch Lauterns Barbarossaburg.

Nach dem Aussterben “derer von Franckenstein” wechseln die Lehensherrn. Aber alleiniger Lehens-, Grund- und Gerichtsherr bleibt der Limburger Abt, – bis zur Reformation: Das Kloster wird säkularisiert, neuer Grund- und Lehensherr wird der “neugläubige” Churfürst von der Pfalz.

In den Wirren der Glaubenskämpfe widerfährt der Bevölkerung mehrmaliger Glaubenswechsel.

Samariter – Beistand in schwerer Stunde

Die frontpflichtigen Untertanen des Mittelalterlichen Vogtei – Dörfchen Weidenthal erleben, wie landesweit, plünderndes Kriegsvolk, allerlei Kriege, leidige kriegerische Erbfolgekonflikte, Durchmärsche von “Freund und Feind”, wie es heißt, gefürchtet deren unerbittliche “Furage – Eintreiber”.

Nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) ist Weidenthalentvölkert bis auf den Schankwirt mit den Seinen.

Im 17./18. Jahrhundert erfolgt eine Bevölkerungszunahme. Tiroler und Schweizer Einwanderer bringen neues Leben. Als 1789 der Flächenbrand der Französischen Revolution rheinwärts züngelt, erweist der preußische Feldobrist Blücher am Weidenthaler Himberg einem blessierten Franzosen in seiner schweren Stunde einen denkwürdigen Samariterbeistand.

Anno 1801 wird unter Napoleon das linke Rheinufer, damit Weidenthal, französisch. Aus dem Schultheiß (Bürgermeister) wird der Maire. Auch pflanzt man “Freiheitsbäumchen”, geschmückt mit den Farben der Trikolore.

In den Befreiungskriegen wird die Pfalz wieder Kriegsgebiet. Im Dezember 1813 verlassen die letzten Franzosen Weidenthal.

Nach dem Wiener Kongress 1815 werden die “Weidenthaler” königlich bayrische Untertanen”.

Anlässlich des Hambacher Festes 1832 erlebt das Walddorf den Durchmarsch “disziplinierter” Westpfälzer Patrioten, gleichwohl observiert” von einer einheimischen Bürgergarde.

Während der Pfälzischen Verfassungskämpfen 1848/49 formiert sich hierorts die sogenannte “Laubscher-Garde”, ihr Kommandant der ev. Pfarrer. Als sich die Preußen nähern, gibt man kampflos auf. Etwas 3 bis 4 “Laubscheranner” setzen sich ab in die Emigration, – politische Flüchtlinge in der “Neuen Welt”.

Eine kurze Eisenbahngeschichte

Durch das Neustadter Tal wird von 1846 bis 1849 die tunnelreiche Trasse der “königlichen” Ludwigsbahn gebaut. Viele Weidenthaler Fuhrleute, auch Holzarbeiter verdienen ihr Brot.

Zugunglück am 16. April 1912 bei den Haselgärten

1876 und 1912 ereignen sich zwei schwere Eisenbahnunglücke, je ein Toter und mehrere Schwerverletzte sind zu beklagen. Auf einem Bahnanschlussgleis im Gemeindesteinbruch werden Güterzüge beladen mit Schleif- und Mühlsteinen, u.a. für die Ruhrindustrie.

Im Jahre 2004 wurde der Weidenthal S-Bahnhaltepunkt “Weidenthal-Mitte” gebaut, am Sensental, wo ursprünglich der erste Bahnhof vorgesehen war. Die bisherige Bahnstation ist aufgehoben.

Finanziert mit “Waldeinnahmen”

Schulgebäude nach Fertigstellung - 1900

1897 – Blick auf die beiden Kirchen
(links ev. Kirche – rechts kath. Kirche)

Der Bau der ev. Kirche 1862/64, der Kath. Kirche 1874/76, des Schulhauses 1899/1900, wird finanziert mit Erlösen aus dem 1000 ha großen Gemeindewald. Sie sind “ortsprägende” Sandsteingebäude.

Im 20. Jahrhundert

Erster Weltkrieg: 1914/1918 – 76 Gefallene
Zweiter Weltkrieg: 1939/45 – 143 Kriegstote. Bombenangriffe richten erhebliche Schäden an.
1945 Schulhaussprengung verhindert.

Nachkriegsprobleme: Integration der Heimatvertriebenen – Drückende Wohnungsnot – Förderung des sozialen Wohnungsbau.

1947 wird Weidenthal eine Ortsgemeinde im neuen Bundesland (Rheinland – Pfalz)

1951 feiert man “700 Jahre Weidenthal”

1972 Bildung der Verbandsgemeine Lambrecht

Anno 2001 “750 Jahre Weidenhal” – das Straßen-Brückenbauwerk “Langental” wird freigegeben. Für die Weißenbach ist eine bahnschrankenfreie Anbindung an die Hauptstrasse in Planung.

Was noch zu vermelden ist

Im 19. und 20. Jahrhundert eskalieren politische Kontroversen, wohl konfessionell auch. Die Wahlschlacht 1894 mit gerichtlichem Nachspiel ist ein Teil davon … Gleichwohl heute hat ein kultivierter Umgang mit Bürgern anderer “Couleur” alte Teilungsstrukturen und leidiges Proporzdenken erfreulich abgebaut …

Des Wassers und des Feuers Macht

Im 19. Jahrhundert wiederholen sich unwetterschwere Wolkenbrüche, die Bergrutsche auslösen, Häuser werden weggerissen.

Großbrand am 28/29.09.1959

In der Schreckensnacht des 28./29. Sept 1959 vernichtet ein Großbrand einen Wohnblock mit 9 Wohnungen und, heute Betriebsgebäude der Fa. Fuder, – US-Feuerwehren im “Katastropheneinsatz”.

Abgaben, Steuern und Kriegslasten

Im Mittelalter schulden die Untertanen ihrem Grundherrn oder Schirmvogt Naturalien und Zehntabgaben, auch Hand- und Frondienste, später ersetzt durch die Geldwährung. Auf vergilbten hiesigen Archivbelegen sind die Salz- und Kopfsteuern, Miliz- und Kopfsteuern “verbucht”.
Leidige Einquartierungen und drückende Besatzungslasten bringen Not und Leid in die Häuser. Dazu kommen Missernten, quälenden Hunger, auch Seuchen, die Mensch und Tier befallen, – missliche Lebensverhältnisse motivieren zur Auswanderung.

Die “Streitaxt”

Im Rathaus erinnert eine “Streitaxt” an einen 46 Jahre langen Waldprozess gegen den Staat und die Stadt Bad Dürkheim, der 1930 endet mit einem Vergleich. Es ging um überkommene Waldrechte.

Wirtschaftliche Entwicklung

Im 18. und 19. Jahrhundert entsteht nach und nach im Dorf der Wald- und Holzarbeiter, der kleinen Ackerer auf kargen Boden, der Fuhrleute, der Bordmüller und Mahlwerker, der Steinmetze eine holzverarbeitende Industrie, 1839 eine Tuchfabrik. Eine erfreulich wirtschaftlicher Aufschwung brint neue Arbeitsplatze. Gleichwohl durch den in unserer Zeit allgemein wirtschaftlichen Strukturwandel gaben nach und nach Fabriken und Betriebe auf, auch der Gemeindesteinbruch und Sägemühlen liegen still. Die dörfliche Geschäftswelt ist geschrumpft, die Einwohnerzahl rückläufig.

Resümee

Weidenthal hat zur Zeit rund 2160 Einwohner, davon je die Hälfte in einer der beiden etablierten Kirchen. Das 3 Kilometer lange Bundesstrassen-Dorf ist mit neuen Ortsteilen hineingewachsen in verkehrsruhige Seitentäler. Das Ambiente des Walddorfes ist geprägt von einem erholsamen Natur- und Wanderpark. Breit ist das Freizeitangebot, das eine lange Tradition hat. Anno 1864 debütieren auf dem Köpfel die ersten Turnerpioniere.

Im Kriegsjahr 1917 wird auf der Langentaler “Nabinger”-Wiese erstmals mit einem “richtigen” Lederfußball, Made in England gekickt, von einem Soldaten im Urlaub seinen Buben mitgebracht, als Wachposten “organisiert” in einem Engländer Gefangenenlager.

Breit ist heute das Freizeitangebot mit Sportplätzen, einem idyllischen Badeweiher, mit einer Sport- und Kulturhalle, mit einem Jugendheim – Freizeitstätte.

Die örtlichen Vereine sind Kultur- und Imageträger der Ortsgemeinde. Traditionelles Hochfest ist die Dorfkerwe mit uriger Brauchtumspflege. “Die Weidenthaler sind ein ein frohes Völkchen fröhlicher Feste”, so einst der unvergessene Heimatpublizist Willibald Lattrell.